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Was ist ein Regionalplan?
Der Regionalplan ist das zentrale Steuerungsinstrument zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Inhalte eines Regionalplans sind im wesentlichen zeichnerische und textliche Festlegungen. Damit koordiniert er die unterschiedlichen Flächenansprüche an den Raum, unter Berücksichtigung und im engen Korsett der rechtlichen Vorgaben von Land und Bund (ROG – Raumordnungsgesetz, LPlG NRW – Landesplanungsgesetz, LEP – Landesentwicklungsplan). Er schafft Rahmenbedingungen für die kommunale Bauleitplanung (Flächennutzungs- und Bebauungspläne) sowie für fachrechtliche Genehmigungsverfahren. Die kommunale Planungshoheit bleibt dabei unberührt, weil der Regionalplan der Kommune lediglich die Leitplanken für die räumliche Entwicklung vorgibt, die keinesfalls durch den Stadtrat genutzt werden müssen. -
Wer ist derzeit für die Regionalplanung zuständig?
Seit 2009 ist die Regionalplanungsbehörde beim Regionalverband Ruhr (RVR) für die Regionalplanung in den elf kreisfreien Städten und den vier Kreisen des Verbandsgebiets zuständig. Der Regionalplan Ruhr ist der erste Regionalplan seit 1966, der nicht von den drei Bezirksregierungen Arnsberg, Düsseldorf oder Münster erstellt worden ist, sondern ein Plan von der Region für die Region ist. Er wird nach der Beschlussfassung die derzeit fünf geltenden Regionalpläne ablösen (GEP 99, GEP-Emscher-Lippe, GEP Dortmund westlicher Teil, GEP Bochum/Hagen, regionalplanerischer Teil des RFNP der Städteregion Ruhr 2030). -
Wie ist der Zeitplan für den Regionalplan Ruhr?
2011 starteten die Arbeiten für den Regionalplan Ruhr mit dem sogenannten Regionalen Diskurs. In verschiedenen Fachforen und zahlreichen Fachgesprächen ist bis zum Erarbeitungsbeschluss (Start des formellen Verfahrens) im Jahr 2018 eine planerische Grundlage für die Regionalplanung im Ruhrgebiet geschaffen worden. Neben den drei Offenlagen (Frühjahr 2019, Frühjahr 2022 und Frühjahr 2023) ist im Sommer 2021 der sachliche Teilplan für die Regionalen Kooperationsstandorte verabschiedet worden. Die Kooperationsstandorte sind deshalb nicht mehr Bestandteil des aktuellen Regionalplanverfahrens. Darüber hinaus sollen sie 2026 einer Revision unterzogen werden.
Der Regionalplan Ruhr wurde am 10. November im Ruhrparlament beschlossen. Nach einer Rechtsprüfung durch die Landesplanungsbehörde wird er im Amtsblatt veröffentlicht. Am Tag der Veröffentlichung erlangt der Regionalplan Ruhr Rechtskraft und löst die derzeit fünf geltenden Regionalpläne ab. -
Was bedeutet der Regionalplan Ruhr für die Kommunen?
Die Kommunale Planungshoheit bleibt unangetastet – das heißt, dass die Kommunen die Entwicklungsmöglichkeiten aus dem Regionalplan nicht nutzen müssen. Ausnahmen sind Fachplanungen wie z.B. der Rohstoffabbau oder überörtliche Verkehrswege. Die Inhalte des Regionalplans sollen in den kommunalen Plänen (FNP und daraus abgeleitet B‑Pläne) angepasst werden (Gegenstromprinzip). Dazu besteht jedoch keine Pflicht. -
Wie hat sich die Grüne Fraktion im Ruhrparlament zum Regionalplan verhalten und wie wird dies begründet?
Wir haben dem Regionalplan Ruhr zugestimmt, üben jedoch auch Kritik am Planentwurf.
Unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums durch die gesetzlichen Vorgaben (z.B. ROG, LEP, LPlG), gibt es die folgenden Gründe für eine Zustimmung zum Regionalplan Ruhr:-
Konzentration der Siedlungsentwicklung und sparsamer Umgang mit dem Boden:
Im Sinne einer nachhaltigen und flächensparenden Raumentwicklung ist die Siedlungsentwicklung auf das abgestufte Siedlungssystem ausgerichtet und verhindert somit eine ausufernde Ausbreitung der Siedlungsbereiche in den Freiraum. Die sogenannten Eigenentwicklungsortslagen (EWO) und Splittersiedlungen sind klar und nachvollziehbar definiert und schreiben eine Eigenentwicklung bzw. keine Entwicklung (bei Splittersiedlungen) vor. Im Gegensatz zu anderen Regionalplänen in NRW geht der Regionalplan Ruhr bei der Ausweisung von Siedlungsbereichen äußerst konservativ und flächensparsam vor. Er verzichtet auf großzügige Flexibilisierungsquoten, nutzt regionaltypische Dichtewerte und gibt kommunenscharfe Flächenkontingente vor (vergleiche dazu RP OWL Entwurf 2023). -
Flächenkonversion steht im Vordergrund:
91,9 ha der neu in den Regionalplan Ruhr aufgenommenen ASB-Flächen und 16,8 ha der neu in den Plan aufgenommenen GIB-Flächen werden auf vorbelasteten Flächen ausgewiesen. Der Regionalplan wird somit zu einem Flächenkonversionsplan, der aktiv Freiraum vor der Inanspruchnahme für den Siedlungsraum schützt. Bei den Regionalen Kooperationsstandorten, die schon vorab durch einen sachlichen Teilplan rechtsgültig geworden sind, sind 558 ha auf vorbelasteten Flächen verortet. -
Abfalldeponien nur auf vorgenutzten Standorten:
Für die berechneten Abfallbedarfe werden im Regionalplan Ruhr nur Abfalldeponien auf vorgenutzten Standorten ausgewiesen. Die drei ehemaligen bergbaulich geprägten Standorte Lohmannsheide in Duisburg, Hürfeld in Dorsten und Brinkfortsheide-Erweiterung in Marl sollen dafür genutzt werden. Die Bergehalden verfügen über vorhandene Infrastruktureinrichtungen (z.B. Bahn- und Straßenanschlüsse) und eignen sich somit gut für die Deponierung von Abfällen. Durch die Realisierung der Deponien auf vorgenutzten Standorten kann auf die Errichtung solcher Anlagen auf unversiegelten Flächen im Freiraum verzichtet werden. -
Rohstoffabbau wird auf den konfliktärmsten Standorten konzentriert:
Die Bereiche für den Abbau von oberflächennahen nichtenergetischen Rohstoffen (BSAB) werden im Regionalplan Ruhr durch sogenannte Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten gesteuert. Das schließt den Rohstoffabbau außerhalb dieser Gebiete aus und konzentriert ihn auf den konfliktärmsten Standorten. Die Auswahl der Tabu- und Restriktionskriterien, auf denen die Standortauswahl beruht, weist weitreichende Schnittmengen mit den im Rahmen der Umweltprüfung betrachteten Schutzgütern auf. Im engen gesetzlichem Rahmen, der insbesondere durch die Versorgungszeiträume im LEP vorgegeben ist, bleibt für den Regionalplan wenig Gestaltungsspielraum. Den Forderungen aus dem Kreis Wesel nach einem sachlichen Teilplan kann nicht gefolgt werden, da ein Regionalplan ohne BSAB-Flächen nicht genehmigungsfähig ist. Außerdem gäbe die Regionalplanungsbehörde im RVR damit jegliche Steuerungsmöglichkeit aus der Hand, da Kiesunternehmen ab Inkrafttreten des Regionalplanes Ruhr ohne BSAB-Flächen überall Abgrabungen beantragen könnten. -
Freiraum- und Biotopverbundsystem sichern die Natur- und Freiraumqualitäten im Ruhrgebiet:
Die regionalen Freiraumbereiche und ihre vielfältigen Funktionen werden durch den Regionalplan Ruhr langfristig in ein Freiraumverbundsystem überführt. Dadurch wird ein funktionsfähiger Biotopverbund, günstigere Klimaverhältnisse, nachhaltige Waldbereiche und attraktive Erholungslandschaften geschaffen. Kompensationsflächen für den Ausgleich von Eingriffen sollen im Biotopverbund verortet werden und ihn somit weiter qualifizieren. Darüber hinaus werden mit dem Regionalplan Ruhr unzerschnittene verkehrsarme Räume vor weiterer Zerschneidung und Fragmentierung besser geschützt. Die Bereiche zum Schutz der Natur (BSN) werden in den Aufbau des regionalen Freiraum- und Biotopverbundsystem integriert. In den BSN sind Planungen und Maßnahmen, die dem Schutz und der Entwicklung wertvoller Lebensräume und Lebensraumgemeinschaften zuwiderlaufen, ausgeschlossen. Die Bereiche zum Schutz der Landschaft und landschaftsorientierten Erholung (BSLE) ermöglichen schutzwürdige und entwicklungsfähige Landschaftsteile im Einklang mit dem Landschaftsbild, dem Biotopverbund und der Erholung. -
Regionale Grünzüge werden geschützt und entwickelt:
Die regionalen Grünzüge als wichtiges freiraumplanerisches Qualitätsmerkmal des Ruhrgebiet werden vor siedlungsräumlicher Inanspruchnahme geschützt, erhalten und weiterentwickelt. Engstellen in den regionalen Grünzügen sollen optimiert und die Barrieren reduziert oder gänzlich beseitigt werden. Zu den kommunalen Grünflächen bestehen vielfach Verbindungen, die weiter gestärkt werden sollen. -
Der regionale Diskurs ist zum Vorbild für informelle Vorarbeiten bei Regionalplänen geworden:
Die Erarbeitung des Regionalplans Ruhr, die die Verbandsversammlung 2011 auf den Weg gebracht hat, sollte nicht nur in einem rein formalen Verfahren geschehen, sondern auch in einem diskursiven, auf Transparenz und Kommunikation angelegten Prozess. Daraus entstand der Regionale Diskurs, um die Einbindung der Kommunen, anderer regionaler Institutionen und der Fachwelt sicherzustellen. In zehn Fachdialogen (Regionale Grünzüge, Großflächiger Einzelhandel, Kulturlandschaften, Freizeit und Erholung, Verkehr- und Mobilität, Land- und Forstwirtschaft, Freiraum, Natur und Landschaft, Klimaschutz und Klimaanpassung, Siedlungsentwicklung sowie Wasser) sind die Inhalte für den Regionalplan Ruhr vorbereitet worden. Neue, im Regionalen Diskurs entwickelte, Planungsinstrumente haben Eingang in die Erarbeitung des Regionalplans Ruhr erhalten: das Siedlungsflächenmonitoring, die Siedlungsflächenbedarfsberechnung, Regionale Kooperationsstandorte und das ruhrFIS Monitoring Daseinsvorsorge. Durch das „Handlungsprogramm zur räumlichen Entwicklung der Metropole Ruhr“ wurde dem Regionalplan Ruhr einen „Strategieband“ zur Seite gestellt, in dem die informellen Handlungsansätze des RVR zusammenfassend dargestellt werden.
In der Gesamtabwägung haben sich die Gründe für eine Zustimmung durchgesetzt. Es ist uns aber wichtig, auch unsere Kritik am Regionalplan Ruhr deutlich zu machen. Die Regionalplanung in NRW in ihrer heutigen Form ist ein Relikt aus einer Ära in der es darum ging, industriellen Wachstumsprozessen Raum zu geben. Die planerische Vorgabe, mit Raumordnungsplänen Nutzungskonflikte und Raumansprüche auszugleichen und Vorsorge für eine nachhaltige Entwicklung zu treffen, wird angesichts der Klimakrise und des Artensterbens verfehlt. Eine umfassende kritische Reform der Regionalplanung müsste sich der Frage stellen, ob und wie sie diese Zukunftsfragen beantworten kann. Diese Diskussion kann aus dem Ruhrgebiet angestoßen werden, muss aber auf Landes- und Bundesebene geführt und entschieden werden. Letztendlich ist der Regionalplan Ruhr kein Zukunftsplan, denn dazu müsste er Antworten zum Artensterben, Klimawandel, Flächensparen und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien liefern. Er ist nur eine erste Etappe auf dem Weg zur Grünen Metropole Ruhr und muss fortlaufend verbessert und angepasst werden.
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Wie geht es nach dem Beschluss zum Regionalplan Ruhr weiter?
Nach einer Rechtsprüfung durch die Landesplanungsbehörde wird der Regionalplan Ruhr im Amtsblatt veröffentlicht. Am Tag der Veröffentlichung erlangt der Regionalplan Ruhr Rechtskraft und löst die derzeit fünf geltenden Regionalpläne ab. Eine erste Änderung des RP Ruhr ist schon jetzt in Vorbereitung, weil das Land NRW den LEP auf Grundlage des Wind-an-Land-Gesetzes des Bundes ändert.
Nach dem Änderungsverfahren zu den Erneuerbaren Energien wird eine Gesamtfortschreibung des RP Ruhr angestrebt. Diese beinhaltet eine neue Siedlungsflächenbedarfsberechnung und daraus resultierend neue Flächenkulissen und die Berücksichtigung der nachfolgenden LEP-Novellen (Stichwort Rohstoffabbau). Außerdem steht im Jahr 2026 die Revision der Regionalen Kooperationsstandorte an. Trotz dieser in Aussicht stehenden Änderungen beim Regionalplan Ruhr, ist ein Beschluss wichtig, um eine Arbeitsgrundlage für Änderungsverfahren haben. Regionalplanänderungsverfahren sind üblich und normales Geschäft der Regionalplanungsbehörden. Würde man auf alle etwaigen Änderungen mit dem Gesamtplan warten, würde der Regionalplan niemals fertig werden. -
Welche Auswirkungen können durch die LEP-Novellen und das Wind-an-Land-Gesetz für das Ruhrgebiet erwartet werden?
Das Wind-an-Land-Gesetz des Bundes (Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land) hat zum Ziel, dass 2 Prozent der Bundesfläche für die Windenergie an Land vorzusehen sind, um den Mangel an verfügbarer Fläche für den beschleunigten Ausbau der Windenergie an Land zu beheben. Daraus leitet die Landesregierung Ziele für NRW ab, die besagen, dass bis zum 31.12.2026 1,1% der Landesfläche und bis 31.12.2032 1,8% der Landesfläche als Windenergiegebiete ausgewiesen werden müssen. Die RVR-Verwaltung arbeitet schon jetzt auf Grundlage der LEP-Novelle zu Erneuerbaren Energien an einer Änderung des RP Ruhr.
Der Flächenbeitragswert für das Ruhrgebiet beläuft sich auf 2.036 ha, das entspricht 0,46% der Flächen der Region. Grundlage für die Flächenbeitragswerte, die im LEP festgeschrieben werden sollen, ist ein Gutachten des LANUV, es hat 2.714 ha an Flächenpotenzial für das Ruhrgebiet gefunden. Rund 75% des Potenzials müssen also zur Erreichung des Flächenbeitragswerts genutzt werden, dies schränkt den Spielraum für Alternativflächen ein. Flächenpotentiale ergeben sich laut dem LANUV-Gutachten insbesondere in den Kreisen Recklinghausen und Wesel, sowie in Bottrop, Hamm und Hagen. Einzelanlagen sind überdies auch im Kernraum des Ruhrgebiets möglich. Inwieweit die Flächenpotenziale aus dem LANUV-Gutachten in Anspruch genommen werden müssen, um das Flächenziel zu erreichen, wird die RVR-Verwaltung in den nächsten Monaten erarbeiten.
Die LEP-Novelle muss bis spätestens Mai 2024 Rechtskraft erlangen, sonst greift Bundesrecht. Im Sommer 2023 war der aktueller Entwurf der LEP-Novelle in der Beteiligung. NRW wird die Flächenvorgabe nicht, wie vom Bund vorgeschrieben, in zwei Schritten erst im Jahr 2032 erreichen, sondern in nur einem Schritt bereits im Jahr 2025. Zusätzlich wird auf sogenannten Go-To-Flächen/Beschleunigungsflächen schon jetzt die Windenergienutzung privilegiert. Landesweit stehen rund 9.000 ha Go-To-Flächen/Beschleunigungsflächen bereit, wovon sich aber nur zwei im Ruhrgebiet befinden (Waldfläche in Dorsten: zwischen Halterner Straße und Marler Damm; Waldfläche in Haltern am See: süd-östlich von Hullern mit Fortsetzung auf Olfener Gemeindegebiet). -
Was plant die Landesregierung darüber hinaus?
Neben der LEP-Novelle zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien plant die Landesregierung eine weitere LEP-Novelle, zu der bisher nur ein Eckpunktepapier vorliegt. Wichtigste Bestandteile dieser LEP-Novelle für das Ruhrgebiet sind das Flächensparen und der Rohstoffabbau.
FAQ: Regionalplan Ruhr
Nach zwölf Jahren Arbeit ist der Regionalplan Ruhr nun fertiggestellt. Er ist der erste gemeinsame Plan für das Ruhrgebiet seit 1966 und soll die derzeit fünf geltenden Regionalpläne der drei Bezirksregierungen Arnsberg, Düsseldorf und Münster ablösen. In der Sitzung des Ruhrparlaments am 10. November 2023 haben wir dem Regionalplan Ruhr zugestimmt. Alle Hintergründe zu unserer Entscheidung sowie weiterführende Infos zum Thema haben wir auf dieser Seite zusammengeführt.
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