Vier Fragen an: Jost Rudloff-Wienhold
Das Ruhrgebiet steht vor großen sozialen und bildungspolitischen Herausforderungen: schwierige ökonomische Rahmenbedingungen treffen auf ein überlastetes Bildungssystem. Die daraus resultierenden Probleme kennt unser Fraktionsmitglied Jost Rudloff-Wienhold aus erster Hand. Als Lehrer erlebt er, mit welchen ungleichen Chancen Kinder ins Leben starten und was das für ihren Bildungserfolg bedeutet. Als Mitglied im Ausschuss für Digitalisierung, Bildung und Innovation setzt er sich deshalb für mehr Bildungsgerechtigkeit ein. Wir haben mit ihm über die Ursachen der Bildungskrise gesprochen und darüber, was passieren muss, damit das Ruhrgebiet nicht den Anschluss verliert.
1. Die Ergebnisse des Bildungsberichts zeigen, dass sich die Situation im Bildungsbereich zunehmend verschärft. Die Betreuungsquoten in Kitas sinken, der Anteil der Schulen in herausfordernder Lage steigt, und es zeigen sich deutliche Kompetenzdefizite bei Kindern und Jugendlichen – woran liegt das?
Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielschichtig. Ein zentraler Faktor ist die soziale Benachteiligung, die sich im Ruhrgebiet stärker bemerkbar macht als in allen anderen Teilen NRWs. Der Sozialfinanzbericht verdeutlicht das: 14,5 Prozent der Menschen im Ruhrgebiet erhalten soziale Mindestsicherung. Im Vergleich dazu liegt die Quote im Rest von NRW bei 8,3 Prozent. Konkret bedeutet das, dass viele Familien nicht die nötige Unterstützung bieten können, um ihre Kinder beim Lernen zu fördern. Außerdem fehlen Kita-Plätze, besonders für Kinder aus benachteiligten Familien. Dadurch wird der Grundstein für Bildungsungleichheit schon früh gelegt.
2. Du hast gerade den Sozialfinanzbericht angesprochen. In diesem wurde deutlich, dass die Sozialausgaben im Ruhrgebiet nicht nur überproportional hoch sind, sondern zudem kontinuierlich ansteigen. Siehst du einen Zusammenhang zwischen hohen Sozialausgaben und der Krise im Bildungsbereich?
Ja, beide Phänomene verstärken sich gegenseitig. Wenn Kinder keine gute Bildung erhalten, haben sie später schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das führt langfristig zu höherer Arbeitslosigkeit und einem Anstieg der Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. Gleichzeitig belasten die hohen Sozialausgaben die kommunalen Haushalte, sodass weniger Mittel für Bildung bereitstehen. Ein Teufelskreis, den wir nur durch gezielte Investitionen in Bildung durchbrechen können.
3. Welche konkreten Maßnahmen braucht es, um die Bildungssituation im Ruhrgebiet zu verbessern?
Erst einmal ist es gut und wichtig, dass uns der aktuelle Bildungsbericht ein differenziertes Lagebild gibt. Für diese Arbeit sind wir RuhrFutur dankbar! Jedoch müssen wir nach der Analyse ins Handeln kommen. Konkret fordern wir den Ausbau von niedrigschwelligen, pädagogisch qualifizierten Angeboten für Unter-Dreijährige und ausreichend Kita-Plätze mit gut ausgebildetem Personal. Zudem müssen wir Schulen in herausfordernden Lagen stärker unterstützen – mit mehr Lehrkräften, Schulsozialarbeiter*innen und besseren Ganztagsangeboten. Damit das gelingt, müssen Bund, Land und Kommunen koordiniert zusammenarbeiten!
4. Was würdest du dir langfristig für die Bildungssituation im Ruhrgebiet wünschen?
Meine Vision ist ein Ruhrgebiet, in dem jedes Kind, unabhängig von sozialer Herkunft, die gleichen Bildungschancen hat. Wir dürfen als Gesellschaft nicht hinnehmen, dass Bildungs- und Lebenswege schon im frühkindlichen Alter entschieden werden. Wenn wir jetzt in Bildung investieren und effiziente Strukturen schaffen, können wir das Ruhrgebiet nicht nur aus der Bildungskrise führen, sondern auch zu einer innovativen und lebenswerten Region machen. Darauf möchte ich mit meinem politischen Engagement hinwirken!
Vielen Dank, lieber Jost, für deine Antworten.