Die vorgesehenen Maßnahmen in den Luftreinhalteplänen von Essen und Gelsenkirchen reichen laut dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen nicht aus, um die Stickoxid-Grenzwerte nachhaltig und zeitnah einzuhalten. Genau aus diesem Grund hat das Gericht wie letzte Woche in Köln und Bonn Fahrverbote für ältere Diesel angeordnet. Bereits im Februar dieses Jahres hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Fahrverbote grundsätzlich für zulässig erklärt. Weitere Entscheidungen über mögliche Fahrverbote in Bochum, Dortmund, Gladbeck, Hagen, Herne, Mülheim, Oberhausen, Witten und Schwerte stehen noch aus.
„Wir sind immer gegen Fahrverbote gewesen und haben deshalb für einen konsequenten Ausbau der Alternativen zum Auto und für Hardware-Nachrüstungen für Diesel-Autos plädiert. Schon seit 2010 gelten die EU-Grenzwerte zu Luftschadstoffen. Hätte man vor knapp 9 Jahren angefangen, eine Verkehrswende einzuleiten, wäre es nicht zu Fahrverboten gekommen. Die jahrelange Blockadehaltung der Bundesregierung und die erfolgreiche Lobbyarbeit der Automobilkonzerne zu Gunsten dreckiger Diesel rächt sich jetzt“, sagt Sabine von der Beck, Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im RVR.
Die Hauptverantwortung für dieses Desaster hat nach Ansicht der Grünen die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen von Union und SPD. Immer noch nehmen sie es stoisch hin, dass die Autoindustrie Millionen von Menschen ungestraft hintergehen konnte – und nun die Leidtragenden sind, obwohl sie die eigentlich Betrogenen sind. Wertverluste im vierstelligen Bereich für Bürgerinnen und Bürger werden von der Regierung genauso hingenommen, wie die Probleme, die kleine Handwerksbetriebe und Gewerbetreibende mit den Dieselfahrverboten bekommen. Statt endlich für Hardware-Nachrüstungen ausschließlich auf Kosten der Autoindustrie zu sorgen, besorgt man dieser lieber mit sogenannten Umtauschprämien ein neues Konjunkturprogramm.
Da es keinen gemeinsamen Luftreinhalteplan für das Ruhrgebiet gibt, ist jedes Fahrverbot eine Einzelfallentscheidung. Zonale oder nur zeitlich begrenzte Fahrverbote auf bestimmten Straßen sind dabei möglich. „Um ein totales Chaos zu verhindern, fordern wir ein ruhrgebietsweit abgestimmtes Vorgehen bei Fahrverboten. Außerdem muss das Bundesverkehrsministerium zur Einsicht gelangen, dass Instrumente wie die blaue Plakette die Wirksamkeit der Fahrverbote steigern und Fahrer*innen sauberer Diesel so Fahrverbote erspart bleiben könnten“, so Sabine von der Beck.
Jüngst hat die Studie Mobilität in Deutschland 2017 (MiD) unter anderem Aussagen zum Mobilitätsverhalten im Ruhrgebiet getroffen. Die Ergebnisse zeigen die weiterhin bestehende Fixierung auf das Auto: 58% der Wege entfallen auf den motorisierten Individualverkehr, bei Wegen unter einem Kilometer sind es 27% der Wege.
„Nächste Woche liegen erste Erkenntnisse aus dem in Arbeit befindlichen Regionalen Mobilitätskonzept, das der Regionalverband Ruhr in Auftrag gegeben hat, auf dem Tisch. Wir erwarten, dass dieses eine breite Palette an Möglichkeiten zur Verbesserung des Verhältnisses von Auto, Bus, Bahn, Rad und Fußwegen liefert – und zwar nicht durch Zwang, sondern durch attraktivere Angebote. Grundsätzlich muss das Land endlich die 15 Nahverkehrspläne des Ruhrgebiets fusionieren, damit öffentlicher Verkehr aus einem Guss entsteht. Anfängliche Widerstände aus den Kommunen könnten zum Beispiel mit einem Altschuldentilgungspakt, kombiniert mit Fördermitteln für die Verkehrswende, überwunden werden. Wenn jetzt der große Wurf im Metropolenverkehr nicht gelingt, wann dann?“, fragt Sabine von der Beck.