Grüne im RVR: Gerichte machen den Job der Politik

By 15. November 2018Allgemein

Die vorge­se­henen Maßnahmen in den Luft­rein­hal­te­plänen von Essen und Gelsen­kir­chen reichen laut dem Verwal­tungs­ge­richt in Gelsen­kir­chen nicht aus, um die Stick­oxid-Grenz­werte nach­haltig und zeitnah einzu­halten. Genau aus diesem Grund hat das Gericht wie letzte Woche in Köln und Bonn Fahr­ver­bote für ältere Diesel ange­ordnet. Bereits im Februar dieses Jahres hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig Fahr­ver­bote grund­sätz­lich für zulässig erklärt. Weitere Entschei­dungen über mögliche Fahr­ver­bote in Bochum, Dort­mund, Glad­beck, Hagen, Herne, Mülheim, Ober­hausen, Witten und Schwerte stehen noch aus.

„Wir sind immer gegen Fahr­ver­bote gewesen und haben deshalb für einen konse­quenten Ausbau der Alter­na­tiven zum Auto und für Hard­ware-Nach­rüs­tungen für Diesel-Autos plädiert. Schon seit 2010 gelten die EU-Grenz­werte zu Luft­schad­stoffen. Hätte man vor knapp 9 Jahren ange­fangen, eine Verkehrs­wende einzu­leiten, wäre es nicht zu Fahr­ver­boten gekommen. Die jahre­lange Blocka­de­hal­tung der Bundes­re­gie­rung und die erfolg­reiche Lobby­ar­beit der Auto­mo­bil­kon­zerne zu Gunsten dreckiger Diesel rächt sich jetzt“, sagt Sabine von der Beck, Frak­ti­ons­vor­sit­zende der GRÜNEN im RVR.
Die Haupt­ver­ant­wor­tung für dieses Desaster hat nach Ansicht der Grünen die Bundes­re­gie­rung und die sie tragenden Frak­tionen von Union und SPD. Immer noch nehmen sie es stoisch hin, dass die Auto­in­dus­trie Millionen von Menschen unge­straft hinter­gehen konnte – und nun die Leid­tra­genden sind, obwohl sie die eigent­lich Betro­genen sind. Wert­ver­luste im vier­stel­ligen Bereich für Bürge­rinnen und Bürger werden von der Regie­rung genauso hinge­nommen, wie die Probleme, die kleine Hand­werks­be­triebe und Gewer­be­trei­bende mit den Diesel­fahr­ver­boten bekommen. Statt endlich für Hard­ware-Nach­rüs­tungen ausschließ­lich auf Kosten der Auto­in­dus­trie zu sorgen, besorgt man dieser lieber mit soge­nannten Umtausch­prä­mien ein neues Konjunkturprogramm.
Da es keinen gemein­samen Luft­rein­hal­te­plan für das Ruhr­ge­biet gibt, ist jedes Fahr­verbot eine Einzel­fall­ent­schei­dung. Zonale oder nur zeit­lich begrenzte Fahr­ver­bote auf bestimmten Straßen sind dabei möglich. „Um ein totales Chaos zu verhin­dern, fordern wir ein ruhr­ge­biets­weit abge­stimmtes Vorgehen bei Fahr­ver­boten. Außerdem muss das Bundes­ver­kehrs­mi­nis­te­rium zur Einsicht gelangen, dass Instru­mente wie die blaue Plakette die Wirk­sam­keit der Fahr­ver­bote stei­gern und Fahrer*innen sauberer Diesel so Fahr­ver­bote erspart bleiben könnten“, so Sabine von der Beck.
Jüngst hat die Studie Mobi­lität in Deutsch­land 2017 (MiD) unter anderem Aussagen zum Mobi­li­täts­ver­halten im Ruhr­ge­biet getroffen. Die Ergeb­nisse zeigen die weiterhin bestehende Fixie­rung auf das Auto: 58% der Wege entfallen auf den moto­ri­sierten Indi­vi­du­al­ver­kehr, bei Wegen unter einem Kilo­meter sind es 27% der Wege.

„Nächste Woche liegen erste Erkennt­nisse aus dem in Arbeit befind­li­chen Regio­nalen Mobi­li­täts­kon­zept, das der Regio­nal­ver­band Ruhr in Auftrag gegeben hat, auf dem Tisch. Wir erwarten, dass dieses eine breite Palette an Möglich­keiten zur Verbes­se­rung des Verhält­nisses von Auto, Bus, Bahn, Rad und Fußwegen liefert – und zwar nicht durch Zwang, sondern durch attrak­ti­vere Ange­bote. Grund­sätz­lich muss das Land endlich die 15 Nahver­kehrs­pläne des Ruhr­ge­biets fusio­nieren, damit öffent­li­cher Verkehr aus einem Guss entsteht. Anfäng­liche Wider­stände aus den Kommunen könnten zum Beispiel mit einem Altschul­den­til­gungs­pakt, kombi­niert mit Förder­mit­teln für die Verkehrs­wende, über­wunden werden. Wenn jetzt der große Wurf im Metro­po­len­ver­kehr nicht gelingt, wann dann?“, fragt Sabine von der Beck.